CUP-Tumore – wenn der Ursprung der Krebserkrankung im Dunkeln bleibt

Shownotes

Brust-, Prostata- oder Darmkrebs: Diese Krebsarten sind bekannt. Kaum bekannt sind hingegen sogenannte CUP-Tumore. CUP steht für «Cancer of Unknown Primary» – eine Krebserkrankung mit meist hochaggressiven Metastasen, deren Primärtumor aber unklar ist. Die 24-jährige Michelle M. wurde mit dieser Diagnose konfrontiert: «Es ist das Schlimmste, was man sich vorstellen kann. Dennoch gibt man die Hoffnung nie auf, dass eine neue Therapie gefunden wird, die einem helfen kann.» Genau deshalb forscht Chantal Pauli auf diesem Gebiet, auch mit Unterstützung der Stiftung Krebsforschung Schweiz: «Meine Forschung zielt darauf ab, neue Therapieansätze zu entwickeln, die den Betroffenen zugutekommen», erklärt die Pathologin vom Universitätsspital Zürich.

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00:00:00: * Intro *

00:00:02: Ein Podcast der Krebsforschung Schweiz.

00:00:05: Brustkrebs, Hodenkrebs, Prostata- oder Darmkrebs.

00:00:19: Von diesen Krebsarten hört man häufig.

00:00:21: Was aber fast nicht bekannt ist, sind sog. CUP-Tumore.

00:00:25: Das sind Tumoren, die man nicht einer bestimmten Krebsart zuordnen kann.

00:00:30: CUP-Tumoren sind selten.

00:00:32: Sie sind auch für Ärztinnen und Ärzte eine grosse Herausforderung.

00:00:37: Weil man nicht genau weiss, woher sie kommen,

00:00:40: ist es auch schwierig, die richtige Therapie dagegen zu finden.

00:00:44: Chantal Pauli ist Pathologin am Universitätsspital Zürich.

00:00:49: Sie ist CUP-Expertin,

00:00:51: forscht in diesem Gebiet, auch mit Unterstützung

00:00:54: der Stiftung Krebsforschung Schweiz.

00:00:57: Sie weiss aus ihrer täglichen Erfahrung,

00:01:00: was Diagnose CUP für Betroffene bedeutet.

00:01:03: Es ist mit Angst verbunden.

00:01:05: Ich versuche es zu klären, aber es ist schwierig.

00:01:08: Es ist für mich frustrierend, wenn ich nicht weiss, was es ist.

00:01:12: In dieser Episode rede ich auch mit Michelle M.,

00:01:17: einer jungen Patientin,

00:01:19: der lange nicht klar war, an was sie genau leidet.

00:01:22: Darum wurde ihr Fall zuerst als CUP behandelt.

00:01:25: Man hat im Grunde nichts gewusst,

00:01:28: ausser dass sie schwer krank ist.

00:01:30: Man will das gar nicht wahrhaben,

00:01:32: man denkt, man ist im falschen Film. Es ist Horror.

00:01:36: Es ist das schlimmste, was man sich vorstellen kann.

00:01:38: Das ist "Wissen gegen Krebs",

00:01:40: der Podcast der Stiftung Krebsforschung Schweiz.

00:01:43: Ich bin Rebekka Häfeli.

00:01:46: CUP ist geschrieben CUP

00:01:48: und steht für Cancer of Unknown Primary.

00:01:52: Eine Krebserkrankung mit unbekanntem Primärtumor.

00:01:56: Das heisst: man findet im Körper Metastasen, ohne dass man weiss,

00:02:00: was für einen Tumor diese Ableger gebildet hat.

00:02:03: Chantal Pauli macht ein Beispiel:

00:02:06: Zum Beispiel,

00:02:08: der Patient oder die Patientin merkt

00:02:11: irgendwo wächst etwas.

00:02:13: Man hat Schmerzen, dann geht man zum Hausarzt.

00:02:16: Dann wird vielleicht ein Röntgen gemacht.

00:02:19: Oder ein Ultraschall und dann sieht man einen Knoten.

00:02:23: Dann leitet man relativ zügige Diagnostik in die Wege.

00:02:28: Das ist meistens im Zusammenhang mit der Biopsy.

00:02:31: Zuerst, was man macht, ist, man entnimmt eine Gewerbeprobe

00:02:35: von diesem Knoten, den man zum Beispiel tasten kann.

00:02:38: Dann nimmt man eine Biopsy und diese geht zur Pathologin.

00:02:42: Die machen dann die Aufarbeitung

00:02:45: und versuchen zuerst herauszufinden, was es ist.

00:02:49: Im Labor macht man unterschiedliche Analysen.

00:02:52: Zum Beispiel färbt man Gewerbsproben ein

00:02:55: und schaut sie unter dem Mikroskop an.

00:02:58: Zusätzlich kann man auch molekularbiologische

00:03:01: oder genetische Untersuchungen machen.

00:03:04: Mit all dem sucht man nach typischen Merkmal

00:03:07: für bestimmte Krebsarten.

00:03:09: Wir haben ein CUP, der ähnlich ist wie zum Beispiel Dickdarmkrebs.

00:03:13: Das hat man aufgrund der Analysen herausgefunden,

00:03:17: also Oberflächenproteine, die man gefärbt hat.

00:03:21: Man sieht das eher aus wie ein Dickdarmkrebs.

00:03:24: Aber man findet kein Dickdarmkrebs beim Patienten.

00:03:27: Dann wird man entsprechend behandeln und dann ist die Prognose auch besser.

00:03:33: Therapie wird also so gezielt,

00:03:35: wie möglich, deren Krebsart anpasst,

00:03:37: die man hinter den Metastasen vermutet.

00:03:40: Die Patienten gehören zu den 20 %, die eine bessere Prognose haben.

00:03:45: Zu diesen gehören auch Fälle,

00:03:47: in denen ein CUP-Syndrom früher entdeckt wird

00:03:50: und man zum Beispiel eine einzige Metastase früher operieren kann.

00:03:55: Der vielgrößere Teil der CUP hat leider schlechte Prognosen.

00:04:00: Manchmal findet man keine typische Merkmale

00:04:03: für eine bestimmte Krebsart.

00:04:05: Rund 80% von diesen CUP sind keine Prognosen,

00:04:09: die hochaggressiv sind und die kann man überhaupt nicht zuordnen.

00:04:14: Die haben eine schlechte Prognose,

00:04:16: d.h. die Patienten, die so diagnostiziert werden,

00:04:21: haben ungefähr 1-6 Monate Prognose

00:04:24: und das ist sehr tragisch, sehr aggressiv.

00:04:27: Auch diese Patienten bietet man Therapie an.

00:04:31: Sie werden mithilfe der modernsten Methoden immer genauer und besser.

00:04:36: Goldstandard und Standardtherapie beim CUP ist meistens

00:04:40: eine doppelte Chemotherapie, eine Kombination von Chemotherapeutika.

00:04:44: Das ist natürlich auch für eine Patient zum Teil sehr aggressiv.

00:04:48: Was wir jetzt vermehrt machen - gemäss neuen Guidelines, neue

00:04:52: Richtlinien und Empfehlungen die europaweit sind -

00:04:56: dass man sehr viele molekulare Diagnostiken macht.

00:05:00: D.h. wir untersuchen im Falle eines CUP

00:05:05: den Tumor ganz genau auf molekulare Ebene.

00:05:09: Dann kann man quasi eine zielgerichtete Therapie findet.

00:05:13: D.h. wir finden eine Veränderung in diesem Tumor,

00:05:17: wo es spezielle Medikamente dafür gibt.

00:05:20: Über alle Krebsarten ist CUP eine selte Diagnosen.

00:05:24: Wenn man in der Literatur schaut, 1-3 %,

00:05:28: je nachdem, wo man in Behandlung ist,

00:05:31: wahrscheinlich weniger, weil die Diagnostik sehr gut ist.

00:05:35: * Sanfte Gitarrenmusik *

00:05:38: Man weiss heute noch nicht, warum es überhaupt CUP- Tumoren gibt.

00:05:43: Eine Theorie ist, dass der Primärhumor

00:05:46: vom Immunsystem zerstört worden ist und nur Metastasen übrigbleiben.

00:05:51: Eine andere Möglichkeit wäre,

00:05:54: dass CUP-Tumore für sich praktisch eine eigene Krebsart sind.

00:05:58: Die Forschung wird ständig vorantrieben,

00:06:01: damit die CUP-Betroffenen in Zukunft deutlich bessere Überlebenschancen

00:06:06: und eine bessere Lebensqualität haben.

00:06:09: Chantal Pauli hat mir den Kontakt zu Michelle M. vermittelt.

00:06:15: Eine junge Patientin die am Unispital Zürich behandelt wurde.

00:06:20: Michelle M. ist schwer krank und lebt im Moment wieder in Deutschland

00:06:24: bei ihren Eltern.

00:06:26: Ich konnte mit ihr telefonieren.

00:06:29: Ja, ich bin 24, ich war bevor das Ganze mit

00:06:33: dem Krebs gekommen ist, war ich Flugbegleiterin und Studentin. Also ich habe studiert Englisch

00:06:39: und Geschichte auf Lehramt und war nebenher noch Flugbegleiterin. Ich bin jetzt mit

00:06:45: meinen Eltern zu Hause, ich bin wieder zu meinen Eltern gezogen. Ja, mir geht es den Umständen

00:06:51: entsprechend. Also ich bin immer noch ein kranker Mensch. Mir geht es damit nicht besonders gut,

00:06:59: dass ich so jetzt auch angewiesen bin aus externen Hilfen. Michelle hat Chemotherapie und Immuntherapie

00:07:05: hinter sich. Sie leidet unter Fatigue, ist ständig müde und schläft viel. Ihr Fall ist lang unter

00:07:13: CUP gelaufen, eine riesige Belastung und Ungewissheit für sie und ihr ganzes Umfeld. Sie erzählt,

00:07:21: wie ihr alles im Frühling angefangen hat. Das ganze hat am 4. Mai angefangen, da bin ich

00:07:29: also wirklich auf nichts heraus, bin ich wiedergekommen ins Hotelzimmer, weil ich gerade eben als

00:07:36: Flugbegleiterin unterwegs war und habe von nichts auf gleich, war ich auf dem Klo und habe Magenkrämpfe

00:07:43: bekommen und auf einmal ganz starte, Magenschmerzen, Krämpfe und habe ich davon noch nie so gehabt,

00:07:51: habe mir halt nichts dabei gedacht, habe gedacht, ja vielleicht bekomme ich meine Tage oder so.

00:07:55: Dann ist es auch abgeklungen am nächsten Tag ein bisschen, aber dann die nächsten zwei Wochen

00:08:01: drauf hin, die ganze Zeit, weiterhin in diesen Magenschmerzen und dann bin ich bei vielen

00:08:08: verschiedenen Ärzten gewesen und dem ich alle mehr oder weniger abgewimmelt oder haben 

00:08:12: gemeint, ja das war nichts, dass ich dann im Krankenhaus in der Notaufnahme war,

00:08:17: sondern zwei Wochen danach ungefähr und da haben sie dann ausgefunden mit einer Bauchspiegelung,

00:08:23: mit einer Bauchlabroskrutie, dass da eben doch das nicht einfach eine Bauchkrämpfe sind,

00:08:29: sondern dass da ein weißes, dass da weiße Punkte sich gefunden haben, eine weiße Masse und

00:08:37: dass die Krebszellen und die Tumorzeilen waren. Michelle M., 24 Jahre alt

00:08:43: Studentin in Konstanz und Flugbegleiterin ist brutal aus ihrem bisherigen Leben herausgerissen worden. Todkrank und man wusste nicht, welche Krebserkrankung vorliegt. Das war der schlimmste Moment meines Lebens, glaube ich, also man will das gar nicht wahrhaben

00:09:02: und denkt man ist in einem falschen Filmen und kann das gar nicht realisieren, was einem da erzählt wird.

00:09:07: Es ist Horror, es ist das ist das Schlimmste, was man sich vorstellen kann.

00:09:11: Auch der Pathologin Chantal Pauli geht die Geschichte von Michelle M. nahe.

00:09:16: In Fälle wie diesem versuchten sie zusammen mit Kolleginnen und Kollegen,

00:09:21: die auch auf CUP spezialisiert sind, und auch interdisziplinär mit Radiologinnen, Radiologen,

00:09:28: Onkologinnen und Onkologen Informationen zu sammeln und die bestmögliche Therapie zu finden.

00:09:34: Die Suche nach der Diagnose hat sich bei Michelle M. hinzogen.

00:09:40: Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, dass man herausfindet, wo es genau herkommt. Bei Michelle M. hat man schließlich Diagnose-Buchfälle mehr Sotellium gestellt.

00:09:52: Sie hat ein Krebs, das das Bauchfell befallen hat.

00:09:56: Ja, so zu nichts dachte ich mal, dass es eine gute Nachricht ist.

00:09:59: Und ich hatte halt die Hoffnung, dass die Chancen mit dem Medikament höer sind, aber leider ist das ja auch nicht der Fall.

00:10:05: Es geht ihr nicht gut, aber ihre Familie ist eine riesige Hilfe für sie.

00:10:10: Ich habe einfach die beste Unterstützung selber, also ich habe das beste Umfeld,

00:10:14: ich habe die beste Familie, die man sich vorstellen kann,

00:10:17: ich habe den besten Freund, den man sich vorstellen kann und das ist das daran,

00:10:21: ich nicht halte und das mir Hoffnung gibt.

00:10:25: Und Michelle M. hofft auch auf die Forschung.

00:10:28: Ich hoffe, man verliert man nie, dass sich irgendwann etwas tut,

00:10:33: eine neue Art von Therapie, die einem besser helfen kann.

00:10:37: Chantal Pauli, Pathologin aus dem Unispital Zürich,

00:10:44: lässt Emotionen an sich heran.

00:10:46: Sie war im direkten Kontakt mit dem Vater von Michelle M. und hat mit ihm telefoniert.

00:10:53: Sie hat Angst und auch die Ungeduld von Betroffenen verstehen,

00:10:57: wenn sie mit dem CUP konfrontiert sind.

00:10:59: Dann wird oft gefragt, wieso ist die Diagnose nicht da.

00:11:02: Und das Verständnis, wieso man nicht weiss, was es ist, ist schwierig.

00:11:07: Und das Verständnis ist oft nicht da, das ist nicht nur von den Patienten oder den Angehörigen,

00:11:12: sondern auch von unseren Kollegen in der Klinik.

00:11:15: Manchmal versteht man nicht, wieso der Pathologin nicht sagen kann, was es ist.

00:11:21: Aber es gibt wirklich Situationen, die man nicht weiss.

00:11:25: Für Chantal Pauli ist das unbefriedigend,

00:11:29: weil sie allem auf den Grund gehen will.

00:11:31: Neugierig, sagt sie, sei sie schon immer.

00:11:34: Ich habe von meiner Grossmutter, ich glaube,

00:11:38: mit zwölf Jahren das erste Mikroskop bekommen.

00:11:41: Ich habe gelernt, mit dem Mikroskop zu schauen,

00:11:44: dass es neue Dimensionen eröffnet,

00:11:46: weil man sieht Sachen, die man von blossem Auge nicht sieht.

00:11:49: Dass es bei Krebs und bei CUP-Tumoren noch viele Sachen gibt,

00:11:53: die noch nicht bekannt sind,

00:11:55: lasst ihr keine Ruhe.

00:11:57: Das ist der Antrieb für Chantal Pauli,

00:11:59: sich in der Forschung zu engagieren.

00:12:02: Meine Forschungsgruppe suchen neue Biomarker.

00:12:06: Wir suchen irgendwelche Marker oder Kennzeichen

00:12:10: von diesen Tumoren, die uns helfen,

00:12:13: etwas für neue Therapiekombinationen zu finden,

00:12:19: z.B. Medikamente, die man kombinieren kann.

00:12:22: Oder einen Marker auf genomischer Ebene,

00:12:26: in dem wir wissen, dass ein zielgerechterter Therapie

00:12:29: eingesetzt wird.

00:12:30: Das ist der Forschungsschwerpunkt.

00:12:32: Ich würde mit meiner Forschung Menschen reichen,

00:12:36: wenn ich etwas finde,

00:12:38: um neue Therapie zu entwickeln.

00:12:41: *outro*

00:12:43:

00:12:45:

00:12:47:

00:12:49:

00:12:51:

00:12:53:

00:12:56:

00:12:59: Ein Podcast der Krebsforschung Schweiz.

00:13:03: *outro*

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